Thoughts about Neutrality in Everyday Life



Gedanken zur Neutralität im Alltag

Von Stimme der Wassermannzeit Nr. 147

Gruber E.

 

 

 

‹Neutralität›, wohl kaum ein anderer Begriff lässt den Unterschied zwischen Theorie und Praxis derart gravierend erkennen. Das wird erst dann wirklich offenbar, wenn man sich mit der Thematik ernsthaft und tiefgründig auseinandersetzt, woraus dann auch das Bewusstsein dafür erwächst, dass angewandte Neutralität das Alltagsleben ganz entscheidend erleichtert. Man kann daher davon ausgehen, dass das Praktizieren einer neutral-positiven Denk- und Handlungsweise die Grundlage dafür ist, dass das Leben erfolgreich, freudvoll, friedlich und harmonisch verläuft.

Wenn von Neutralität die Rede ist, wird dieser Begriff vielfach zu theoretisch gesehen, denn was wirklich dahintersteckt und was gelebte Neutralität dem Menschen abverlangt, wird erst dann realisiert, wenn sich der Mensch eingehend damit befasst. Der Mensch muss wissen, dass das Erlernen einer neutral-positiven Denkweise einer schöpferischen Gesetzmässigkeit entspricht, und erst wenn er diese wirklich lernt, kann er im Leben bewusst die Selbstverantwortung übernehmen. Es ist daher für Geisteslehrestudierende nicht damit getan, sich eingehend mit den physikalischen und naturwissenschaftlichen Gesetzmässigkeiten zu befassen und sich diesbezüglich oder auf verwandten Wissensgebieten Wissen und Können anzueignen und aufgrund dessen zur Ansicht zu gelangen, dadurch seinem evolutiven Streben Genüge getan zu haben, wenn dieser äusserst wichtige Teil der Geisteslehre vernachlässigt wird.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass es mit Sicherheit nicht so ist, dass der Mensch auf Knopfdruck beschliessen kann, dass er sich ab sofort neutral verhalte, denn Neutralität muss von jedem einzelnen Menschen zuerst mühsam erlernt werden. Dies darum, weil kaum ein Mensch von klein auf gelernt hat, die tatsächlich vorhandene Realität neutral-objektiv wahrzunehmen, sondern diese gemäss seiner jeweiligen Denkweise und den daraus entstehenden Gefühlen und Emotionen mit all seinen Vorstellungen, Vermutungen, Vorurteilen und subjektiven Beurteilungen vermischt. Das Kleinkind hat zwar die natürliche Fähigkeit, seine Umwelt reinbeobachtend zu realisieren, jedoch geht diese im Laufe des Älterwerdens leider meistens sehr schnell verloren, weil die äusseren Einflüsse, die massiv auf das kindliche Wesen einwirken, Unlogik, Falschannahmen, schlechte Gewohnheiten, Lebensuntüchtigkeit usw. fördern und damit dessen Mentalblock beeinflussen. Damit nicht genug, denn statt die jungen Menschen der Wahrheit des Lebens und der schöpferischen Gesetze und Gebote zu belehren, wird ihnen kultreligiöser und sektiererischer Unsinn eingetrichtert. Werden derlei Erziehungsfehler und negative Umwelteinflüsse nicht durch Selbsterziehung neutralisiert, die bereits ab dem siebten Lebensjahr beginnt, ziehen sich Unlogik, falsche Gewohnheiten, Untugenden usw. bis ins Erwachsenenalter hinein und verstärken sich in der Regel auch noch.

Dementsprechend sind viele Menschen belastet, fühlen sich unglücklich, sind ihren Ängsten und Aggressionen ausgeliefert und mit sich und ihrer Umwelt im Unreinen. Soll jedoch der Wunsch wahr werden, der zutiefst in jedem Menschen vorhanden ist und zur Verwirklichung drängt, nämlich dass sich Liebe, Frieden, Freiheit, Freude und Harmonie dauerhaft in seinem Inneren ausbreiten sollen, kommt er nicht umhin, sich eine neutral-positive Denk- und Handlungsweise anzueignen, die diesbezüglich massgebenden schöpferischen Gesetzmässigkeiten zu erforschen und sie gemäss seinem erlangten Verständnis im täglichen Zusammenleben mit den Mitmenschen zu praktizieren. Die Tatsache, dass das erfolgreiche Praktizieren der Meditation und die sich daraus entwickelnden Möglichkeiten zur Nutzung der Bewusstseinskräfte vom Fortschritt in der Entwicklung der Neutralität abhängig sind, ist von wesentlicher Bedeutung. In jedem Bereich, in dem sich der Mensch den Schöpfungsgesetzen zuwendet, wird sein Dasein erst wirklich lebenswert, weshalb sich mit der wachsenden Fähigkeit, sich der Umwelt und sich selbst gegenüber neutral zu verhalten, eine zunehmend spürbare und wohltuende Ausgeglichenheit im Inneren des Menschen entfaltet. Alle negativen Gefühle und Emotionen wie Ärger, Frust, Enttäuschung, Angst, Kummer, Beleidigtsein, Sich-verletzt-Fühlen usw., die sich im Menschen ausbreiten, die Psyche belasten und den inneren Frieden, die Liebe, Freude und Harmonie nicht aufkommen lassen, fallen weg, wenn eine zunehmend neutral-positive Haltung im Umgang mit sich selbst und den Mitmenschen gelebt wird.

In der Praxis ist die Erlernung einer neutralen Haltung und Einstellung sich selbst, den Mitmenschen und der gesamten Umwelt gegenüber auch für ernsthaft gewillte Menschen unbestreitbar eine echte Herausforderung. Nur zu schnell fällt das mühsam errichtete Gebäude namens Neutralität wie ein Kartenhaus in sich zusammen, wenn selbst grosse Bemühung nicht belohnt wird und sich ein Mitmensch in scheinbarer Undankbarkeit ausgerechnet den wundesten Punkt in einem aussucht, um einen Frontalangriff zu starten. Aber aus einer negativen Handlung kann auch Gutes entstehen, denn gerade dadurch, dass ein unterschwellig vorhandenes Problem an die Oberfläche kommt, bietet sich der nächste Schritt zur Erlernung der Neutralität an, wodurch man dessen Behebung anstreben kann. Es kommt also immer darauf an, wie eine Sache bewertet und verarbeitet wird.

Die Tatsache, dass es unvermeidbar ist, dass man im Alltag und im Berufsleben mit aggressiven und rechthaberischen Zeitgenossen konfrontiert wird, macht vielen Menschen schwer zu schaffen. Zynische, dominante und aggressive Zeitgenossen können aber keine Macht über ihre Mitmenschen gewinnen, wenn diese sich nicht darauf einlassen, sondern eine neutrale innere Haltung einnehmen. Damit belässt man die negative Handlung beim Verursacher und bestimmt dadurch über sich selbst und das eigene Wohlbefinden.

Kränkungen, Beleidigungen und verbale Verletzungen haben keine Chance, wenn man nicht zulässt, dass sie im eigenen Bewusstsein wirksam werden.

Alle Menschen haben im Unterbewusstsein und im Gedächtnis mehr oder weniger Geschehen, Bilder, Begebenheiten, Beobachtungen, Erlebnisse usw. gespeichert, die der jeweiligen Realität nicht entsprachen und deshalb verfälscht mit selbst kreierten Vorurteilen, Vermutungen und Falschinterpretationen usw. ins Innere gelangten. Dementsprechend sind die Impulse aus dem Unterbewusstsein geprägt. Diese Impulse müssen wachsam registriert und neutralisiert werden, denn nur dadurch gelingt es, den Tatsachen entsprechende Wahrnehmungen zu machen und daraus Kenntnis, Erkenntnis, Wissen, Erfahrung und Weisheit zu erlangen. Viele Menschen haben die Tendenz, Neuem, Unbekanntem und Fremdartigem skeptisch, voreingenommen, überkritisch und nicht selten voller Misstrauen gegenüberzustehen. Um Neues, Unbekanntes und Fremdartiges ergründen zu können, braucht es aber eine unvoreingenommene, wachsame, objektive und vernünftige Denkweise.  Allein dieses Vorgehen gewährleistet ein den Tatsachen entsprechendes Ergebnis. Gut gemeinte Fürsorge, falsch verstandenes Pflichtgefühl usw. – die Gründe, die dazu verleiten, sich in das Leben nahestehender Mitmenschen einzumischen und damit ihre persönliche Freiheit einzuschränken, sind sehr zahlreich. Das Wissen um die Selbstverantwortung jedes einzelnen Menschen sowie die Tatsache, dass jeder Mensch einen ganz persönlichen, einzigartigen Lebensweg beschreitet, der seinen Anfang nicht erst in diesem Leben hat, sondern durch zahllose frühere Persönlichkeiten mitgeprägt wurde, sollte dabei hilfreich sein, sich neutral-positiv verhalten und auf ungebetene Einmischung verzichten zu können.

Es ist sehr bedauerlich, dass sich viele Menschen das Zusammenleben durch Streit und Hader oft so schwer machen. Dabei sind häufig lächerliche Missverständnisse der Ursprung von Zerwürfnissen, die schliesslich nicht selten zu lebenslangen Feindschaften führen – Missverständnisse, die auf Vermutungen, Vorurteilen, Empfindlichkeit und dergleichen mehr aufgebaut sind. Würde nur einmal ein neutrales, sachliches und klärendes Gespräch geführt, könnte sich vieles wieder ausgleichen und dadurch unnötige und belastende Zerwürfnisse verhindert werden.  Zahlreiche Menschen fürchten sich vor negativen Erfahrungen; dabei wird nicht bedacht, dass auch aus negativen Erlebnissen sehr Wertvolles gewonnen werden kann, wenn das Positive zum Wirken gebracht wird, das in allem Negativen enthalten ist. Das ist z.B. dann der Fall, wenn ein Mensch durch eine schwere Krankheit oder einen erlittenen Unfall beginnt, sich tiefgreifende Gedanken über das eigene Leben zu machen, dadurch von einer oberflächlichen Sinngebung des Lebens abweicht und in sich Tugenden wie Mitgefühl, Einfühlungsvermögen, Verständnis, Hilfsbereitschaft, Toleranz usw. entwickelt.

Für das Wohl des Menschen ist es sehr bedeutsam, das Leben als ständigen Lernprozess zu begreifen und positive wie auch negative Erfahrungen als notwendige Schritte im Streben nach evolutivem Fortschritt zu akzeptieren. Das hat zur Folge, dass es aufgrund der Bemühung, Neutralität zu erlernen, immer besser gelingt, das Alltagsleben mit seinen Herausforderungen auf sich zukommen zu lassen, das Beste aus allem zu machen und in allen Situationen immer mehr Ruhe und Gelassenheit bewahren zu können.

Thoughts about Neutrality in Everyday Life

From Voice of the Aquarian Age No. 147

Gruber E.

Original translation by Robyn Foley December 2008  

Revised 30th July 2013

Hardly any other concept reveals the difference between theory and practice as seriously as “neutrality”. This only becomes really apparent when one studies the topic carefully, seriously and profoundly, from which then the consciousness also arises that applied neutrality quite decisively makes everyday life easier. Hence one can assume that the practicing of neutral-positive thinking and behaviour, is the foundation for life proceeding successfully, happily, peacefully and harmoniously.

 

When there is talk about neutrality, this concept is often seen as too theoretical, because what really lies behind it and what lived neutrality demands of the human being, is realised only when the human being deals with it in detail. The human being must know that learning a neutral-positive manner of thinking corresponds to a creational law, and only if he/she actually learns it, can he/she consciously take on self-responsibility in life. Hence, it is not enough for students of the spiritual teaching to be concerned in detail with physical and scientific principles and, in this regard or in related knowledge areas, to acquire knowledge and abilities, and on account of this to arrive at the conclusion, thus, to have satisfactorily fulfilled their striving for evolution, if this extremely important part of the spiritual teaching is neglected.

 

Basically it can be said, that it is certainly not so, that the human being can decide at the touch of a button, to behave neutrally in an instant, because neutrality must be learnt arduously by every individual human being. This is because hardly one human being learns from an early age to perceive the actually existing reality with neutral-objectivity, but rather mixes it with all his/her ideas, assumptions, prejudices and subjective judgements, according to his/her respective manner of thinking and the feelings and emotions emerging from it. Indeed, the toddler has the natural ability to realise his/her environment with pure-observation, however, unfortunately this is lost very quickly in the course of growing older, because the external influences which impinge substantially on the childlike nature, promote illogicalness, incorrect assumptions, bad habits, inability to cope with life, etc., and thus influence his/her mental block. That is not all, because, instead of instructing the young human beings about the truth of the life and the creational laws and recommendations, cult-religious and sectarian nonsense is drummed into them. If such errors in education and negative environmental factors are not neutralised by self-education, which already begins from the seventh year of life, illogicalness, wrong habits, unvirtues, etc., are dragged along to adulthood and also, as a rule, further increase.

Accordingly many human beings are burdened, feel unhappy, and are at the mercy of their anxieties and aggressions, and subsequently are in conflict with their environment. However, should the wish, which is deeply existent in every human being, come true, and press for realisation, namely that love, peace, freedom, joy and harmony shall permanently spread internally, then he/she cannot avoid acquiring a neutral-positive wise of thinking and acting, and to research in this regard, the significant creational principles and to practice them in his/her daily life with his/her fellow human beings, according to his attained understanding. Of fundamental importance, is the fact that successful practice of meditation and the possibilities for the use of the consciousness powers developing from it, are dependent on the progress in the development of the neutrality. The human being’s existence only really becomes worth living, in every area in which he/she turns to the creational laws, which is why, with an increasing capability to behave neutrally towards his/her environment, an increasingly perceptible and wholesome equalisedness unfolds internally. All negative feelings and emotions, like vexation, frustration, disappointment, anxiety, grief, being offended, feeling of being hurt, etc.  - which spread out in the human being, burden the psyche and prevent the inner peace, love, joy and harmony from arising - fall away, if an increasingly neutral-positive attitude in dealing with himself/herself and his/her fellow human beings is lived.

 

In practice, the learning of a neutral bearing and attitude towards oneself, our fellow human beings, and the whole environment is also, for seriously determined human beings, unquestionably a real challenge. Only too quickly, the laboriously erected edifice called neutrality, collapses like a house of cards onto itself, if great effort is not rewarded and a fellow human being in apparent ingratitude just seeks out the most painful spot within us, in order to begin a frontal attack. However, from a negative deed something of value can also emerge, because just through the bringing to the surface of an existing underlying problem, the next step to the learning of neutrality is provided, whereby one can strive for its removal. Hence, it always depends on how a matter is evaluated and is processed.

The fact that it is inevitable that one is confronted with aggressive and know-it-all peers in everyday life and in professional life, makes it difficult for many human beings. However, cynical, dominant and aggressive contemporaries cannot win any might over their fellow human beings, if the fellow human beings do not get involved in it, but instead take a neutral inner attitude. With this, one leaves the negative action with the instigator and thereby empowers oneself and one’s own well-being.

Abuse, affronts and verbal insults have no chance if one does not allow them to become effective in one’s own consciousness.

All human beings, more or less, have events, pictures, occurrences, observations, lived-experiences, etc., stored in their subconsciousness and in the memory, which do not correspond to the respective reality and therefore reach the inner nature distorted, along with self-created prejudices, presumptions and wrong interpretations, etc. The impulses from the subconsciousness are shaped accordingly. These impulses must be vigilantly registered and neutralised, because only thereby one succeeds in making appropriate perceptions and in attaining cognisance, cognition, knowledge, practical experience and wisdom. Many human beings have the tendency to face new, unknown and foreign things sceptically, with bias, super-critically and quite often full of mistrust. In order to be able to fathom new, unknown and foreign things, there is needed an impartial, observant, objective and rational wise of thinking, however. Only this action guarantees a result corresponding to the facts. Well-intentioned care, wrongly understood sense of duty, etc. – the reasons which lead one astray to interfere in the lives of fellow human beings and thus limit with this their personal freedom - are quite numerous. The knowledge about the self-responsibility of every single human being, as well as the fact that every human being treads a completely personal, unique path through life, which did not have its beginning only in this life, but was shaped through countless former personalities, should be of assistance in behaving neutral-positively and to be able to renounce uninvited interference.

 

It is very unfortunate that many human beings make living together so difficult due to frequent strife and discord. Thereby, frequently, ridiculous misunderstandings are the origin of disagreements, which not uncommonly, in the end, lead to life-long hostility – misunderstandings, which are built upon supposition, prejudices, sensitivity and suchlike. If only once, a neutral, objective and clarifying conversation was held, much could be equalised again and thereby unnecessary and burdensome disagreements be prevented. Very many human beings are afraid of negative experiences; thereby, it is not considered that also a lot of value can be gained from negative living-experiences, if the positive that is included in all the negatives is acted upon. This is, for example, the case when a person has a serious illness or has suffered an accident, and begins to think profoundly about his own life thereby deviating from a superficial interpretation of life and developing from this virtues like feeling for others, empathy, understanding, helpfulness, tolerance, etc.

 

For the wellness of the human being it is very significant to comprehend life as a constant learning process, and to accept positive as well as negative experiences as necessary steps in the striving for evolutive progress. From this it follows that due to the efforts to master neutrality, one becomes more and more successful with meeting the challenges of everyday life, making the most of everything and maintaining calm and equanimity in all situations.