Thoughts about Active Euthanasia...


A Necessary Prerequisite...


Explanations by Ptaah and Billy...


Gedanken um die aktive Sterbehilfe durch eigene und fremde Hand Lohnt es sich, das Sterben zu verpassen?

Thoughts about active euthanasia through one’s own or someone else’s hand – Is it worthwhile to miss out on dying?

Brigitt Keller, Schweiz
Erschienen im FIGU-Bulletin Nr. 91

Brigitt Keller, Switzerland
Published in the FIGU-Bulletin No. 91


 

Translation by Vibka Wallder

9th July, 2016


In den letzten Jahren, als meiner Mutter das Leben noch gegeben war, verbrachte ich möglichst viel Zeit mit ihr, denn sie war krank und hinfällig und kam nicht mehr alleine zurecht. Einmal, Vater hatte nach einer Operation zur Rehabilitation fahren müssen, nahm ich mir drei Wochen Ferien, um bei ihr zu sein. Die Zeit mit ihr allein empfand ich als grosses Geschenk. Ich freute mich so sehr, bei ihr sein zu dürfen, nur wir zwei allein; wusste ich doch, dass ihr nicht mehr unbegrenzt Zeit bleiben würde. Diese Tage und Nächte gehörten nur uns beiden, und sie ermöglichten es mir, ganz allmählich von meiner Mutter Abschied zu nehmen, im Wissen darum, dass es ihr zu gönnen sein würde, wenn sie das Zeitliche hinter sich liesse. Sie war ihr Leben lang eine beharrliche und tapfere Kämpferin gewesen, und sie blieb es auch während ihrer jahrelangen zunehmenden Gebrechlichkeit. Eine Begebenheit während dieser drei Wochen blieb mir in lebhafter Erinnerung und zaubert noch heute ein Lächeln der Zärtlichkeit, der Liebe und Dankbarkeit auf meine Lippen und in mein Herz. Es war früher Morgen, als ich aufgestanden war und in ihr Zimmer ging, um zu sehen, ob sie schon wach sei. Sie schlug die Augen auf und streckte und räkelte sich mit einem zutiefst glücklichen Seufzer. «Guten Morgen, liebes Mütterlein, hast Du gut geschlafen? Wie fühlst Du Dich?» «Danke, ich habe wunderbar geschlafen und es geht mir sooo gut!» Alle Schmerzen, alles Leiden waren in diesem Moment ausser Kraft; sie war einfach nur bewegendes, stilles Strahlen in grosser Dankbarkeit und vollkommenem Glück.

During the past years, when my mother was still alive, I spent as much time as possible with her, because she was sick and frail and was unable to manage on her own any longer. Once, when my father had to go into rehabilitation after an operation, I took three weeks holidays in order to be with her. The time spent alone with her I perceived, in a fine-spiritual wise, to be a great gift. I was so very happy to be able to be with her, just the two of us; after all, I knew that time was limited for her. These days and nights belonged only to the two of us and they made it possible for me to slowly but surely say goodbye to my mother in the knowledge that she could not be begrudged for departing this life. All her life she had been a persistent and courageous fighter and she also remained one during the years of her increasing frailness. One incident during these three weeks remains a vivid memory for me and still today puts a smile of tenderness, love and gratitude on my lips and in my heart. It was early morning, after I got up and walked into her room in order to see whether she was already awake. She opened her eyes and stretched and straightened herself up with a profoundly happy sigh. “Good morning, dear mother, did you have a good sleep? How do you feel?” “Thank you, I slept marvellously and I feel sooo well!” All pain, all suffering was suspended at this moment; she was simply only moving, calmly radiating in great gratitude and complete happiness.

Diese Begebenheit und viele Begebenheiten ähnlicher Art mit anderen Menschen kommen mir oft in den Sinn, wenn ich Diskussionen über die zunehmende Beliebtheit aktiver Sterbehilfe, den Sterbetourismus sowie die Auslastung der gegenwärtig fünf Sterbehilfeorganisationen in der Schweiz höre oder darüber lese.

This incident and many incidents of similar kind with other human beings often come to my mind when I hear or read about discussions about the increasing popularity of active euthanasia, the euthanasia tourism as well as the workload of the five euthanasia aid organisations presently in Switzerland.

Dostojewski sagte einmal: «Ich fürchte nur eines: Meiner Qual nicht würdig zu sein.» Ein Mensch, der sein Leben frühzeitig wegwirft, weil er Angst hat vor Leiden, Schmerzen und Abhängigkeit, kann kaum von sich behaupten, dass er seiner Qual würdig sei, weil er sie ganz einfach nicht zulässt. Wessen er damit aber sich und seine Nächsten beraubt, davon hat er in seinem Unverstand keine Ahnung. Und da ich als Krankenschwester sehr, sehr viele Menschen habe sterben sehen, weiss ich, wovon ich spreche und dass es sehr wohl möglich ist, sich des Lebens, des Sterbens und des Todes würdig zu erweisen, wenn man bis zum Schluss durchhält. Tatsächlich ist mir in meiner Laufbahn kaum ein schwerkranker Mensch begegnet, der ernsthaft einen vorzeitigen Tod gewünscht und danach verlangt hätte. Diese Diskussionen spielen sich nämlich meist dann ab, wenn man noch bei guter Gesundheit ist und gar nicht weiss, wie es ist, wenn einem nur noch wenige Tage, Wochen oder Monate gegeben sind. Oder aber es sind Angehörige, die ihrem Nächsten «ein weiteres Leiden ersparen wollen», obschon sie nicht wissen können, ob der Kranke oder Sterbende auch in seinem hinfälligen Zustand noch eine andere Art von Lebensqualität hat und wie diese aussieht und sich anfühlt, denn es ist ihnen vollkommen unmöglich, sich in ihn hineinzuversetzen. Möglicherweise wollen sie sich selbst den Anblick des Kranken ersparen, scheuen weitere Kosten und anspruchsvolle Pflege, oder noch schlimmer, es gelüstet sie, schneller an sein ‹Eingemachtes› zu kommen. In jedem Fall aber ist es nachvollziehbar und nicht von der Hand zu weisen, dass beim unmittelbar Betroffenen ein mehr oder weniger starker Druck, bewusst oder unbewusst, aufgebaut werden kann, dem er sich dann vermeintlich freiwillig fügt.

Dostojewski once said: “I only fear one thing: not being worthy of my torment.” A human being, who throws away his/her life prematurely because he/she is afraid of suffering, pain and dependence can barely say of himself/herself that he/she is worthy of his/her torment, because he/she quite simply does not allow it. However, in his/her unintellect he/she has no inkling of what he/she is robbing himself/herself and his/her next ones. And because I, as a nurse, have seen very, very many human beings die, I know what I am talking about and that it is very well possible to prove oneself worthy of the life, the dying and the death, if one holds out to the end. Actually, in my career I hardly met a seriously ill human being who whole-heartedly would have wished for a premature death or demanded it. For the fact is that these discussions mostly play out when one is still in good health and does not even know what it is like if one only has a few days, weeks or months left. Or it is the relatives who “want to spare further suffering” for their loved one, even though they cannot know whether the sick person or dying one, even in his/her frail state, still has another kind of quality of life and what it looks like or feels like, because it is absolutely impossible for them to imagine themselves in his/her place. Possibly they want to spare themselves the sight of the sick person, eschewing further costs and upmarket care, or still worse, they have a craving for getting his/her savings sooner. However, in any case it is understandable and not to be denied that, with the immediately affected one, a more or less strong pressure can be built up consciously or unconsciously, with which he/she seemingly voluntarily complies.

Das Allerschönste, was einem Menschen auf seinem längeren oder kürzeren letzten Weg geschehen kann, sind Mitmenschen, die sich seiner annehmen und ihm das Leiden tragbar machen, ihn umsorgen und seine Wünsche und Bedürfnisse erfassen und nach Möglichkeit erfüllen, freilich nebst den segensreichen Hilfsmitteln der Palliativmedizin. – Wozu sonst sind wir Menschen denn da, wenn nicht um unseren Mitmenschen in schweren Tagen beizustehen? Tatsächlich würde sich jegliche Diskussion um dieses Thema erübrigen, wenn wir Menschen einander im Leben und im Sterben liebevoll, achtungsvoll und einfühlend begegnen würden. Es ist wahrhaftig das einzige, wessen wir auf unserem letzten Weg bedürfen. Und es ist ja nicht so, dass das Ganze eine einseitige Sache ist, denn wie alles im Leben ist es ein Geben und Nehmen, das beide Seiten reich macht und das Leben mit Sinn erfüllt.

The most beautiful thing that can happen to a human being on his/her longer or shorter last path are fellow human beings, who care about him/her and make the suffering bearable for him/her, care for him/her and understand his/her wishes and needs and fulfil them if possible, unquestionably in addition to the beneficial aids of the palliative medicine. – What else are we human beings here for if not to support our fellow human being during difficult days? In fact, any discussion around this topic would not be necessary if we human beings had loving, honourable and empathic contact with each other during the life and during the dying. Truthfully it is the only thing that we need on our last way. And of course it is not the case that the whole thing is a one-sided matter, because like everything in life it is giving and taking, which enriches both sides and fills life with sense.

Was mich aber wirklich dazu bewegt, mich gegen einen ärztlich sanktionierten oder sonstigen ‹Freitod› zu verwenden ist die Tatsache, dass das Sterben einfach zum Leben gehört im Hinblick darauf, dass dieses Leben ja nicht unser einziges ist. Wieder und wieder sind wir neuen Inkarnationen eingeordnet und jedes Leben inklusive Sterben befähigt uns zu neuen, wichtigen Erkenntnissen für das künftige Dasein und alle künftigen Inkarnationen. Viel weitsichtiger ist es, als sich frühzeitig davonzumachen, sich des Leidens zu befähigen, sich dem Leid zu stellen, um künftigen schwierigen Situationen allmählich besser gewachsen zu sein. Der Sinn des Lebens liegt nicht nur im Geniessen, im aktiven Tätigsein, in Schönheit und Lusterfüllung, er liegt auch darin, schweren und schwersten Tagen noch einen Wert abzugewinnen, selbst wenn man jeden Tag neu darum ringen muss. Man müsste sich nicht fragen: «Was erwarte ich noch vom Leben?», sondern: «Was erwartet das Leben noch von mir?» Durchzuhalten bis zum Schluss, das ist wahre Grösse, das ist Würde und Selbstbestimmung im wahrsten Sinn des Wortes.

However, what really moves me to intercede against a medically sanctioned or other ‘self-inflicted death’ is the fact that the dying simply belongs to life with regard to this life not being our only one. Again and again we are subject to new incarnations and each life, including dying, enables us for new important cognitions for the future existence and all future incarnations. Rather than slipping away prematurely it is much more farsighted to enable oneself to suffer, to face the suffering, in order to gradually be better prepared for difficult situations of the future. The sense of life lies not only in the enjoyment, in the active work, in beauty and fulfilment of desire, it also lies in still extracting value out of difficult and most difficult days, even if one has to wrestle for it anew every day. One ought not to ask oneself: “What do I still expect of life?”, rather: “What does life still expect of me?” To hang in there right up to the end - that is the true greatness that is dignity and self-determination in the truest sense of the word.

Lassen Sie mich hier einen kurzen Auszug aus dem aufwühlenden Buch des österreichischen Neurologen und Psychiaters Viktor Emil Frankl ‹… und trotzdem Ja zum Leben sagen – Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager› einfügen, das er 1945 geschrieben hatte. Viktor Frankl ist auch der Begründer der Logotherapie und Existenzanalyse (‹Dritte Wiener Schule der Psychotherapie›). In seiner Arbeit stellte er die Sinnfrage ins Zentrum seiner Arbeiten zur Suizidprävention. (Siehe auch das YouTube Video ‹... und trotzdem Ja zum Leben sagen›.)

Let me insert here a short extract from the stirring book '...and saying yes to life regardless – a psychologist experiences the concentration camp’ (‘Man's Search for Meaning’), by the Austrian neurologist and psychiatrist Viktor Emil Frankl, which he wrote in 1945. Viktor Frankl is also the founder of the logotherapy and existential analysis (‘Third Vienna School of Psychotherapy’). In his work he put the question for meaning into the centre of his works on suicide prevention. (Also see the YouTube video ‘Man's Search for Meaning’.)

Wenn ich solche Worte von durchlittenen und tapfer getragenen Leidens wegen lese, dann erscheint mir eine Debatte über aktive Sterbehilfe geradezu grotesk:

When I read such words of undergone and bravely borne sufferings then a debate about active euthanasia appears really grotesque to me:

«… Am Abend dieses Fasttages lagen wir nun in unserer Erdhütte in besonders übler Stimmung beisammen. Es wurde nur wenig gesprochen und wenn, dann war jedes Wort gereizt. Da geschah noch ein Übriges: Das Licht ging aus. Die Stimmung erreichte einen Tiefpunkt. Der Blockälteste, ein kluger Mann, improvisierte eine kleine Plauderei über all das, was uns alle innerlich so sehr beschäftigte: Er sprach über die vielen Kameraden, die in den letzten Tagen als Kranke oder als Selbstmörder gestorben waren. Er sprach auch darüber, was der wahre Grund des Sterbens, der einen sowohl wie der andern Art, gewesen sein mochte: Das Sich-selbst-Aufgeben. Darüber und über die Frage, wie man die voraussichtlichen nächsten Opfer des tödlichen inneren Sich-fallen-Lassens irgendwie vielleicht noch davor bewahren könnte, wollte unser Blockältester nun einiges zur Erklärung hören – und er apostrophierte mich! Weiss Gott, ich war nichts weniger als in der Stimmung, psychologische Erklärungen abzugeben oder meinen Barackengenossen seelenärztlichen Zuspruch, gleichsam ärztliche Seelsorge zukommen zu lassen. Mich fror und hungerte, und auch ich war schlapp und gereizt. Aber ich musste mich aufraffen und diese einzigartige Möglichkeit nützen, denn Zuspruch war jetzt nötiger denn je.

“... On the evening of this day of fasting we lay together in our earthen hut in a particularly miserable mood. Very little was said and even then every word sounded irritated. Then, to make matters even worse, the light went out. The mood reached rock bottom. The block elder, a clever man, improvised a little chit-chat about everything that internally occupied all of us very much: he spoke about the many comrades, who had died during the last few days, either of sickness or of suicide. He also spoke about what may have been the real reason for their deaths of one kind or another: the giving up on oneself. About that and the question, how one could somehow still prevent the probable next victims of the deadly ‘giving up of hope’, our block elder now wanted to hear something as an explanation – and he apostrophised me! God knows, I was anything but in the mood to give psychological explanations or soul-healing encouragement – to offer my barrack comrades a kind of medical pastoral care.
I was cold and hungry, and I too was limp and irritable. But I had to bring myself to use this unique opportunity, because words of comfort now were more necessary than ever.

So begann ich – und ich begann damit, dass ich davon sprach, dass die Zukunft jedem Unbefangenen trostlos erscheinen müsse; ich gab zu, dass jeder von uns sich beiläufig schon ausrechnen könne, wie gering die Wahrscheinlichkeit sei, zu überleben. Noch herrschte im Lager keine Fleckfieber-Epidemie; und trotzdem veranschlagte ich meine Aussicht, zu überleben, mit ungefähr fünf Prozent. Und sagte es den Leuten! Denn ich sagte ihnen auch, dass ich, für meine eigene Person, trotzdem nicht daran dächte, die Hoffnung aufzugeben und die Flinte ins Korn zu werfen. Denn kein Mensch wisse um die Zukunft, kein Mensch wisse, was ihm vielleicht schon die nächste Stunde bringe. Und wenn wir uns auch keine sensationellen militärischen Ereignisse für den nächsten Tag erwarten dürften – wer könnte es besser wissen als wir mit unserer Lagererfahrung, dass sich plötzlich irgendeine grosse Chance ergibt, zumindest für den einzelnen: Eine unvermutete Einreihung in einen kleinen Transport zu einem Sonderkommando mit besonders günstigen Arbeitsbedingungen oder dergleichen – Dinge, wie sie nun einmal die Sehnsucht und das höchste ‹Glück› eines Lagerhäftlings ausmachen.

Thus I began – and I began by saying that to the unselfconscious one the future must seem hopeless; I conceded that every one of us could roughly work out for himself, how small the chances of survival were. Although there was no typhus epidemic in the camp yet I nevertheless estimated my own chances of survival at about five percent. And I told them so! And I also told them that, regardless of this, I had no intention of giving up hope and throwing in the towel. Since no human being knows about the future, no human being knows what even the next hour may bring him/her. And although we may not expect any sensational military events for the next day – who could know better than us, with our experience of camps, how quite suddenly any great chance sometimes opens up, at least for the individual: an unexpected joining of a small transfer to a special group with exceptionally good working conditions or suchlike – things that for one thing constitute the longing and the highest ‘luck’ of a prisoner of camp.

Aber ich sprach nicht nur von der Zukunft und von dem Dunkel, in das sie glücklicherweise gehüllt war, und von der Gegenwart mit all ihren Leiden, sondern ich sprach auch von der Vergangenheit – von all ihren Freuden und dem Licht, das sie noch in die Finsternis unserer Tage spendete. Ich zitierte den Dichter, der da sagt: «Was du erlebt, kann keine Macht der Welt dir rauben.» Was wir in der Fülle unseres vergangenen Lebens, in dessen Erlebnisfülle verwirklicht haben, diesen inneren Reichtum kann uns nichts und niemand mehr nehmen. Aber nicht nur, was wir erlebt; auch das, was wir getan, das, was wir Grosses je gedacht, und das, was wir gelitten … all das haben wir hereingerettet in die Wirklichkeit, ein für allemal. Und mag es auch vergangen sein – eben in der Vergangenheit für alle Ewigkeit gesichert! Denn Vergangensein ist auch noch eine Art von Sein, ja vielleicht die sicherste.

However, I did not only talk about the future, and the darkness in which it was fortunately veiled, and about the present with all its sufferings, but also I spoke about the past – of all its joys and the light, which it still bestowed on the darkness of our days. I quoted the poet, who had said, “What you have experienced, no power on Earth can take from you.” What we have brought to fruition in the fullness of our past, in its fullness of experience, this inner wealth cannot be taken from us by anything or anyone. However, not only our experiences, also what we have done, whatever great thoughts we may have had and all we have suffered …we have saved all that into reality, once and for all. And even though it may have passed – it is just saved in the past for all eternity! Having been is also a kind of being, and perhaps the surest kind.

Und dann sprach ich schliesslich noch von der Vielfalt der Möglichkeiten, das Leben mit Sinn zu füllen. Ich erzählte meinen Kameraden (die ganz still dalagen und sich kaum rührten, höchstens ab und zu ein ergriffenes Seufzen hören liessen) davon, dass das menschliche Leben immer und unter allen Umständen Sinn habe und dass dieser unendliche Sinn des Daseins auch noch Leiden und Sterben, Not und Tod in sich mit einbegreife. Und ich bat diese armen Teufel, die mir hier in der stockfinsteren Baracke aufmerksam zuhörten, den Dingen und dem Ernst unserer Lage ins Gesicht zu sehen und trotzdem nicht zu verzagen, sondern im Bewusstsein, dass auch die Aussichtslosigkeit unseres Kampfes seinem Sinn und seiner Würde nichts anhaben könne, den Mut zu bewahren. Auf jeden von uns, sagte ich ihnen, sehe in diesen schweren Stunden und erst recht in der für viele von uns nahenden letzten Stunde irgend jemand mit forderndem Blick herab, ein Freund, eine Frau, ein Lebender oder ein Toter – oder ein Gott. Und er erwarte von uns, dass wir ihn nicht enttäuschen und dass wir nicht armselig, sondern stolz zu leiden und zu sterben verstehen!

And then I finally talked about the variety of opportunities to fill life with meaning. I told my comrades (who lay motionless and hardly moved - at the most a deeply moved sigh could be heard every now and again) that the human life always, and under any circumstances, has meaning and that this unending meaning of existence also includes suffering and dying, need and death. And I asked these poor devils, who listened to me attentively here in the pitch dark hut, to face up to the things and the seriousness of our situation and not to be faint-hearted regardless, rather to maintain courage in the knowledge that also the hopelessness of our fight cannot touch its meaning and its dignity. I told them that in these difficult hours and even more so in the last hours approaching for many of us, somebody is looking down on any one of us with an expectant look, a friend, a wife, a living one or a dead one – or a god. And he/she is expecting of us that we do not disappoint him/her and that we know how to suffer and die with pride, and not pitifully.

… Ohne Sinn wollte er nicht leiden und sterben; ohne Sinn aber wollten es wir alle nicht! Und diesen letzten Sinn diesem unserem Leben hier – in dieser Lagerbaracke – und jetzt – in dieser praktisch aussichtslosen Situation – zu geben, das war das Bemühen meiner Worte.

…He/she did not want to suffer and die without meaning; however, without meaning none of us wanted it! And to give this last meaning to this, our life here – in the camp barracks – and now – in this practically hopeless situation – that’s what I strived for with my words.

Dass diese Bemühung ihr Ziel erreichte, erfuhr ich alsbald. Bald flammte die elektrische Birne an einem Balken unserer Baracke auf, und ich sah die Elendsgestalten meiner Kameraden, die nun mit Tränen in den Augen zu meinem Platz heranhumpelten, um – sich zu bedanken …

Before long I found out that this effort had a result. Soon the electric bulb on a beam of our hut lit up and I saw the miserable shapes of my comrades, who now, with tears in their eyes, came limping to my place in order to – thank me…

Dass ich aber nur allzu selten die innere Kraft hatte, mich zu solchem letzten inneren Kontakt mit meinen Leidensgenossen aufzuschwingen wie an diesem Abend, dass ich sicher so manche sich hierzu bietende Gelegenheit nicht genützt habe, soll hier eingestanden werden …»

However, I shall admit here that only far too seldom I had the inner strength to rise up to such last inner contact with my fellow sufferers as I did this night, that I certainly did not utilise many such opportunities for it, …”

Die erschütternde menschliche Grösse, die aus dem Inhalt dieses Buches zu uns spricht, könnte manch einem von uns Anlass geben, den Gedanken, vorzeitig aus dem Leben scheiden zu wollen, um Leiden zu vermeiden, noch einmal beschämt zu überdenken. Es ist ein Zeugnis grosser Menschlichkeit, das auch heute noch viele, die ‹sinnlos› leiden müssen, aufzurichten vermag. Es erhebt kein Mitleid und keine Anklage, auch geht es keineswegs um die Sensation des Grauens. Worauf es dem Psychiater ankommt, ist, zu beschreiben, durch welche Phasen der Entmenschlichung die KZ-Häftlinge, deren er einer war, gehen mussten und wie es doch einigen von ihnen möglich war, trotzdem Ja zum Leben zu sagen und ihm in all dem Elend einen Sinn zu geben.

This shaking human greatness, which speaks to us from the content of this book, could give many of us reason to once more ashamedly review the thought of wanting to leave life prematurely in order to avoid suffering. It is a testimony of great humaneness, which still today is able to lift up many who have to suffer ‘senselessly’. It does not raise pity and accusation, and also by no means is it about sensationalising horror. For the psychiatrist it is essential to describe what phases of dehumanisation the concentration camp inmates, of which he was one, had to go through and how for some of them it was still possible to say ‘yes’ to life nonetheless and to give it meaning in all its misery.

Ein Mensch, der um die Tatsache der Wiedergeburt seiner Geistform weiss, kann in einem Suizid, in aktiver Sterbehilfe oder einer Beihilfe dazu keinen Sinn mehr erkennen. Er hat gelernt, dass der Mensch seiner Selbstverantwortung in keinem Fall ausweichen kann, und es ist ihm bewusst, dass ein vorzeitiges Aus-dem-Leben-Scheiden – auf welche Art auch immer – keine Lösung für irgendwelche Probleme sein kann. Er muss alle Herausforderungen auf seinem Lebensweg aus sich selbst heraus, durch die Kraft seines Verstandes, seiner Vernunft und seines Bewusstseins bewältigen. Eine feige Flucht aus dem Leben schiebt seine Probleme zwar auf, aber auflösen kann sie sie nicht. Die nachfolgende Persönlichkeit seiner Geistformlinie muss die sie treffenden Impulse verarbeiten. Einfach erklärt will das heissen, dass wenn wir uns durch Flucht aus dem Leben einem Problem nicht stellen, dass unsere Nachfolgepersönlichkeiten früher oder später mit dem gleichen Problem wieder konfrontiert werden und es dann vielleicht noch schwieriger ist, dasselbe mit Anstand zu lösen. Das hat nichts zu tun mit einem Karma, das nur einem irdischen Phantasieprodukt entspricht.

A human being who knows about the fact of the reincarnation of his/her spirit form can no longer recognise any sense in suicide, in active euthanasia or a support for it. He/she has learned that the human being can on no account avoid his/her self-responsibility and he/she is conscious of the fact that departing life prematurely – howsoever – cannot be a solution for any kind of problems. He/she must overcome all challenges on his/her life-path through his/her own effort, by means of the power of his/her intellect, his/her rationality and his/her consciousness. A cowardly escape from life does indeed postpone his/her problems, but it cannot solve them. The following personality of his/her spirit form lineage must process the impulses it receives. In simple terms that means, if through an escape from life we do not face a problem, sooner or later our successor-personalities will be confronted with the same problem again and then it is possibly even more difficult to solve with decency. That has nothing to do with karma, which only corresponds to a terrestrial product of imagination.

Auch aktive Sterbehilfe ist Mord – Beihilfe zum Mord. Auch Suizid ist Mord – Selbstmord. Im Gegensatz zu passiver Sterbehilfe, die erlaubt und gar richtig sein kann, wenn z.B. lebenserhaltende Maschinen abgestellt werden nach erfolgtem und erwiesenem Hirntod und sie nur noch die Funktion der Organe aufrechterhalten.

Active euthanasia is also murder – assistance to murder. Suicide is also murder – self-murder. This is in contrast to passive euthanasia, which is permitted and can even be right, for example, if life-sustaining machines are turned off after verified brain-death has occurred and they maintain only the function of the organs.

Das Leben ist ein wunderbares Geschenk. Es wurde uns nicht gegeben, damit wir es wegwerfen, wenn es schwer wird. Nutzen wir es also bis zum letzten Augenblick, um uns weiterzuentwickeln und auf diese Weise der Schöpfung dafür zu danken.

Life is a wonderful gift. It was not given to us so that we throw it away when it becomes difficult. May we therefore utilise it to the last moment in order to develop further and to thank Creation for it in this form.

Sei stets der Schöpfung dankbar,
die Schweres flocht in dein Leben ein,
denn kampflos kannst du nie weise werden
und unverdient nie glücklich sein.

Be always grateful to the Creation,
Which interwove difficulties into your life,
Because without struggle
You can never become wise and
You can never be happy undeservingly.

Mittwoch, 1. November 1978, 21.46 Uhr
Semjase-Silver-Star-Center – Billy

Wednesday, 1st November 1978, 9.46 pm
Semjase-Silver-Star-Center – Billy




1Note: FIGU does not teach that dead relatives ‘look down’ at us from above. That is not possible because after dying a person’s spirit consciousness transfers to the other world, and the personality is dissolved. However, the value of this inserted text is the message that embracing life even in death is the right way to go.